Sie finden beim Lesen eines Buches, eines Magazins oder einer Zeitung weder Rechtschreib- oder Grammatikfehler noch schiefe Bilder oder ungenaue Übersetzungen? Dann leistet sich der Verlag wahrscheinlich ein Lektorat und Korrektorat.
Wo dagegen Kommas fehlen, Trennzeichen in die Zeilenmitte gerutscht
sind und eine Stilblüte die nächste jagt, verlässt man sich wohl auf ein
Rechtschreibprogramm. Doch das tut nichts weiter, als Buchstabenfolgen
mit seinen Lexikoneinträgen zu vergleichen, denn anders als Textprofis
können Programme nicht mitdenken.
Die Folgen: Lesende stolpern über Fehler, Schachtelsätze und
Unstimmigkeiten, was sie vom Inhalt ablenkt – und das Image des
Absenders bekommt unschöne Kratzer.
Korrektor:in
Vertruaen ist gut – Textkontrolle ist besser!
Korrektor:innen werden für Pingeligkeit bezahlt, und das ist gut so: Sie prüfen beim Korrektorat die Manuskripte akribisch auf Grammatik, Rechtschreibung, Zeichensetzung und Silbentrennung. Ihr Lieblingswerkzeug ist der Rotstift – doch branchenübliche Korrekturprogramme beherrschen sie natürlich ebenso wie die klassischen Korrekturzeichen.
Der ursprünglichen Wortbedeutung nach sind sie „Verbesserer“, und das in letzter Sekunde: Nach ihrem Okay geht das Manuskript in den Druck.
Mit dem Inhalt der Drucksache befassen sich die Personen, die das Korrektorat durchführen, beim Lesen nur ganz am Rande. Vielmehr konzentrieren sie sich auf Fragen wie: Schreibt man getrennt oder zusammen, groß oder klein? Mit ss oder ß, Apostroph oder Gänsefüßchen, Komma oder Semikolon? In Präteritum oder Plusquamperfekt, Singular oder Plural, Indikativ oder Konjunktiv?
Zweifelsfälle sind für Korrektorinnen eine Herausforderung, und am akribischen Fehleraufspüren haben sie Spaß. Doch oft müssen sie gar nicht danach suchen – sie finden die Fehler einfach. Oder finden die Fehler sie?
Lektor:in
Berufsprofil Lektor: Wortgewandte Vermittler zwischen Verlag, Autor:innen und Lesenden
Lektor:innen optimieren Texte, indem sie sie nach inhaltlichen, strukturellen, sprachlichen und stilistischen Gesichtspunkten prüfen: Ist die Gliederung logisch, die Sprache verständlich, der Stil konsequent? Und wenn es um Belletristik geht: Wirkt die Story schlüssig, das Erzählmuster interessant, die Charakterzeichnung glaubwürdig? Bei Sachbuchprojekten dagegen: Stimmen die Fakten, passt die Sprache zur Zielgruppe und der Aufbau zum Inhalt?
Außerdem erstellen Lektorinnen Buchgutachten, formen Verlagsprogramme mit, betreuen Autoren/Autorinnen und redigieren Texte, sodass sich ihre Arbeit teilweise mit denen von Redakteur:innen oder Ghostwritern überschneidet.
Basis für diese so anspruchsvolle wie vielseitige Tätigkeit ist – neben einem ausgeprägten Sprachgefühl und einer exzellenten Allgemeinbildung – meistens ein Volontariat oder ein Studium, beispielsweise in Verlags- bzw. Editionswissenschaften. Aber je nach Spezialisierung können auch Germanistik, Komparatistik oder gar Sachfächer wie Medizin hilfreich sein.
Werbelektor:in
Berufsprofil Werbelektor: Feinschliff für Headline, Teaser und Copy
Werbetexte sind meist kurz und knackig. Eine 20-seitige Broschüre oder gar ein 50-seitiger Geschäftsbericht gelten da schon fast als „dicke Wälzer“. Dass in einem fünfzeiligen Inserat jeder einzelne Fehler mehr ins Gewicht fällt als in einem Roman, versteht sich von selbst.
Doch das ist nicht der einzige Unterschied zwischen Werbelektorat und klassischem Buchlektorat: Der Zeitdruck ist meist höher, das Layout spielt eine größere Rolle und das firmeneigene Wording ergänzt den Katalog möglicher Fehler um das Spektrum eines eigenen Regelwerkes.
Meist haben Werbetexte schon mehrere Bearbeitungsstufen durchlaufen, bevor sie auf Bildschirm oder Schreibtisch im Werbelektorat landen. Hier werden sie auf Rechtschreibung, Zeichensetzung und Grammatik, aber auch auf inhaltliche, stilistische und formale Konsistenz der Texte hin überprüft. Das Werbelektorat vereint damit Aufgaben des Lektorats mit denen des Korrektorats und ergänzt sie um spezifische Anforderungen der Branche.
Auftraggeber für Werbelektorinnen können Werbe- und PR-Agenturen, Unternehmen oder Verbände sein.
Übersetzungslektor:in
Berufsprofil Übersetzungslektorat: „S“ oder nicht „S“? Kleiner Buchstabe und große Illusion
Übersetzungsfehler gibt es überall, sogar in der antiken Philosophie. Klassisches Beispiel: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ – wirklich eine recht seltsame Behauptung für einen so großen Denker wie Sokrates. Hielt er sich für unwissend? Das nicht. Denn mit „Ich weiß, dass ich nicht weiß“ – ohne „s“ – hinterfragte er vielmehr das menschliche Wissen an sich. Ist alles nur eine Illusion?
Offensichtlich gab es damals noch keine Übersetzungslektorinnen. Denn wenn die beim Lektorieren eines übersetzten Manuskriptes logische Lücken, merkwürdige Kausalitäten oder marode Metaphern entdecken, genügt ein Blick in den Originaltext, um den Fehler zu entlarven.
Sie wissen auch, wann eine sprachspezifische Eigenheit – wie der inflationäre Gebrauch von Wiederholungen im Englischen – in der Zielsprache stört. In solchen Fällen ist es besser, im Sinne der Lesbarkeit umzuformulieren, als sklavisch dicht am Original zu bleiben.
Um solche Entscheidungen treffen zu können, müssen Übersetzungslektor:innen nicht nur die Quellsprache beherrschen und alle Feinheiten der Zielsprache kennen, sondern auch das Wesen des Übersetzens an sich verstehen.
Über die Autorin
Heike Abidi
Textine und Schriftstellerin Heike Abidi schreibt Geschichten, Romane, unterhaltende Sachbücher, Kinder- und Jugendbücher mit Humor, Charme und viel Gefühl. Für uns hat sie Wissenswertes über Textberufe aufgeschrieben. (Foto von Gaby Gerster)
2 Kommentare
Martin Natterer
“Vertruaen ist gut – Textkontrolle ist besser!”... Das fand ich auf Ihrer Website. War das Absicht.
P.S.: Auch mal als Korrektor angefangen.
Herzliche Grüsse
Martin Natterer
https://www.linkedin.com/in/martin-natterer-7684654a/
Carola Heine
Ja, das ist Absicht 😊
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