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Recherche für Textschaffende – Wo wohnt mein Thema?

Heike Baller, Recherche Know-how: Der nächste Textauftrag steht an und Infos gab es auch schon. Aber ist das alles? Beschäftigen sich tatsächlich nur diese paar Institutionen oder Leute damit? Wo wohnt das Thema denn sonst noch? Wer beschäftigt sich damit?

Neben der Suche nach Suchbegriffen ist die nach möglichen Informationsquellen ein wichtiger Bestandteil jeder Recherche. Die Zeit, sich das zu überlegen, rechnet sich, wenn die Suchmaschine oder die Datenbank nachher weniger unpassende Treffer ausgibt, die erst ausgesiebt werden müssen.

„Wo wohnt mein Thema?“ – die ausführliche Variante

Handelt es sich um ein großes Projekt, in das möglichst viele Sichtweisen und Quellen einfließen sollen, hilft es, sich klarzumachen, welche Player es überhaupt für die Informationsweitergabe so gibt.

Staatlich – angefangen von der Stadtverwaltung und vom Rat, über Länderministerien, Bundeseinrichtungen bis hin zu Statistikbehörden. Bei allen diesen Behörden gibt es öffentliche Publikationen - Pressemitteilungen z. B. -, und bei vielen auch die Möglichkeit, Protokolle und andere öffentlich zugängliche Quellen einzusehen.

Überstaatlich – EU, UNO, WTO oder WHO – große Intuitionen mit einem großen Output an Quellenmaterial. Hier gibt es große Plattformen im WWW, die Informationen zur Verfügung stellen, sowohl Pressemitteilungen als auch Studien und Statistiken.

Wissenschaftlich – ein unübersichtliches Gebiet, da nicht nur die Anzahl an Hochschulen immens ist, sondern es daneben noch Forschungseinrichtungen außerhalb der Unis gibt. Hier ist es wichtig zu herauszufinden, welche Einrichtung auf mein Thema spezialisiert ist. Ihre Informationen findet man zum Teil auf den Websites. Ansonsten gibt es noch die wissenschaftlichen Veröffentlichungen, die mit Hilfe einer Literaturrecherche auffindbar sind.

Kultur – Messen, Theater, Orchester, Bildungseinrichtungen aller Couleur. Sie zeigen nicht nur ihre Programme, sondern oft auch Hintergründe, Diskussionen

Mit Politik assoziiert – die Stiftungen politischer Parteien gehören in diesen Bereich. Aber auch Thinktanks, die Politiker*innen mit Informationen versorgen und selbst auf wissenschaftlichem Niveau arbeiten.

Interessenvertretungen – das Feld ist riesig. Es umfasst Lobbyisten genauso wie Gewerkschaften, Kirchen, IHK & Co. Die großen Interessenverbände können sowohl auf ihrer allgemeinen Website Informationen zur Verfügung stellen wie auch in ihren lokalen und regionalen Sites; was passt am besten?

Kommerzielle Anbieter – Firmen, Anbieter*innen von Dienstleistungen, Handel usw. Durchaus interessant, aber meist mit klarer Absicht: Verkaufen.

Vereine, Gruppen, lockere Zusammenschlüsse und Einzelpersonen – hier wird’s dann schon unübersichtlich 😉. Um die passenden Gruppierungen zu finden, ist bereits Recherche nötig …

Die Medien – Zeitungen und Zeitschriften, öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Anbieter*innen von Fernsehen, Radio und anderen Formaten.

Anhand des Beispiels „kommunale Verkehrspolitik“ gibt es in dieser Graphik mal einen kleinen Überblick (bitte anklicken für die Vergrößerung, die sich in einem neuen Browserfenster öffnet)

„Wo wohnt mein Thema?“ – die Kurzversion

In welche gesellschaftlichen Bereiche könnte das Thema gehören? Und – hier kommt dann die Abkürzung: Welche davon sind für die vorliegende Aufgabe relevant?

Da hängt dann von der Textart ab – also soll es eher was allgemeine Informatives oder eine fundierte Auseinandersetzung sein?

Dazu gehört dann die Frage, wie lang der Text werden soll. Schließlich soll die Recherche in Relation zum Ergebnis stehen. Da hilft es, sich die möglichen Player für Informationen bewusst zu machen und dann gezielt auszuwählen.

Warum ist dieser Rechercheansatz sinnvoll?

Bei vielen Themen besteht die Möglichkeit, um nicht „Gefahr“ zu schreiben, dass sich alle Texte in einer Spur bewegen – im Sinne „Das gehört eben dazu.“ Zu dieser Einstellung kann dann im Umkehrschluss auch gehören: „Das gehört nicht dazu.“ Und schon droht Einseitigkeit. Wer es schafft, als Texterin oder Texter auch andere Perspektiven miteinzubringen, kann mehr Aufmerksamkeit erzeugen, weil sich die Texte von der Mehrheit abheben, Mehrwert bieten und einfach interessanter sind.

Für wissenschaftliche Arbeiten oder eigene Projekte hilft ein solcher erweiterter Blick aus der eigenen Blase heraus – auch das macht die Arbeit selbst interessanter und das Ergebnis vermutlich spannender.

Übrigens: Manche Portale für Literaturrercherche wie z. B. Econbiz bieten die Möglichkeit, nach Institutionen zu filtern – auch da spielt die Frage nach dem Thema also eine Rolle.

Über die Autorin


Heike Baller

Heike Baller bietet Recherche-Dienste · Schulungen · Beratung.

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