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Berufsbilder Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen - Profis verhindern den „Wurstkäs“

Im „worst case“ müsste man auf den schwedischen Krimi, den indischen Film, den arabischen Interviewpartner, das russische Fachbuch oder das amerikanische Computerspiel verzichten.

Doch zum Glück gibt es ja Sprachprofis, die den Zugang zu allen Kulturen der Erde ermöglichen – weit über das übliche Schulenglisch oder VHS-Spanisch hinaus.

Sie dolmetschen beim Klimagipfel ebenso souverän wie auf Gottschalks Promi-Sofa, übersetzen anspruchsvolle Literatur und komplizierte Sachtexte, untertiteln Filme und Games, übertragen britischen Humor und japanische Mangas. Wenn sie gut sind, ist ein Text in der Zielsprache ebenso unterhaltsam, sinnvoll, brillant und informativ wie im Original. Oder sogar besser …

Übersetzer:innen

Berufsprofil Übersetzer: Möge Gott die Königin speichern?

Wenn ein großer Wortschatz und die korrekte Anwendung grammatischer Regeln genügen würde, um als Übersetzerin erstklassige Arbeit zu leisten, hätten Übersetzungsprogramme längst den Markt im Griff. Doch Maschinen haben nunmal kein Sprachgefühl, kein Händchen für stilistische Feinheiten und kein Gespür für Sprachmelodie, klang oder Rhythmus.

Übrigens würde sicher kein:e Übersetzer:in der Welt den Titel der britischen Nationalhymne so übersetzen wie oben angedeutet, und nur automatische Übersetzungen machen aus der „Rocky Horror Picture Show“ ein „felsiges Grausigkeit-Abbildung Erscheinen“.

Gute Übersetzerinnen und Übersetzer können nicht nur von Quell- in Zielsprache übertragen, sondern auch hervorragend formulieren. Nicht ohne Grund sind literarische Übersetzungen ebenso urheberrechtlich geschützt wie der Ursprungstext.

Die meisten Übersetzer:innen haben ein Diplomstudium, eine fachakademische Ausbildung oder eine vergleichbare Qualifikation absolviert. Geschützt ist die Bezeichnung „Übersetzer“ allerdings nicht. Lediglich Urkundenübersetzer:innen müssen gerichtlich beeidigt sein und können „beglaubigte Übersetzungen“ liefern.

Häufig sind Übersetzende auf bestimmte Textsorten oder Fachgebiete spezialisiert – beispielsweise auf Romane, Gedichte, Comics oder auf Sachtexte aus wirtschaftlichen, technischen und anderen Bereichen.

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Übersetzer:innen für Werbeadaptionen

Berufsprofil Übersetzer für Werbeadaptionen: Wie übersetzt man Wortwitz, Umgangssprache und Popkultur?

Eigentlich kann man Werbetexte nicht übersetzen. Jedenfalls nicht Wort für Wort. Zu zahlreich sind darin die Anspielungen und Redewendungen, Alltagsfloskeln und Wortspiele – und zu verschieden die Märkte und Menschen.

Ebenso wie Lyrik wird Werbetext deshalb adaptiert und im Grunde neu getextet. Natürlich müssen Struktur und Konzept, Inhalt und Botschaft dem Originaltext entsprechen. Doch wo die angesprochene Zielgruppe einen anderen kulturellen Kontext hat, wo Bezüge fehlen oder der Erklärungsbedarf geringer ist, darf entsprechend ergänzt oder vereinfacht werden. Auch die Tonalität kann nicht eins zu eins übernommen werden – für deutsche Konsumenten wirken amerikanische Werbetexte beispielsweise oft zu euphorisch.

Übersetzer:innen für Werbeadaptionen, die meistens von Agenturen oder Unternehmen beauftragt werden, sind daher nicht nur fit in Quell- und Zielsprache, sondern kennen auch die dazugehörigen Kulturen, von Literatur bis Yellow Press, von Historie bis Seifenoper.

Übersetzer:innen in der Spiele- und Computerbranche

Berufsprofil Übersetzer in der Spiele- und Computerbranche: Sprachjongleure mit dem Blick für Details

Um Bildschirmtexte, Dialoge, Handbücher und sonstiges Marketingmaterial für Spiele übersetzen zu können, müssen Textprofis über fundierte Kenntnisse der Arbeitssprachen hinaus noch einiges mehr mitbringen: zum Beispiel Brancheneinblick, Affinität zu Spielen, Erfahrung mit gängigen CAT-Tools und Liebe zum Detail – trotz des branchenüblichen Zeitdrucks.

Weniger mit Wortspielen oder Slang, sondern mehr mit Fachterminologie und kulturellen Eigenarten haben Software-Lokalisierer:innen zu tun. Sie passen neben der eigentlichen Software auch die dazugehörigen Online-Hilfen oder Handbücher an regionale Märkte an. Hier geht es nicht nur um die eigentliche Übersetzung, sondern auch darum, Elemente wie Datumsangaben, Farbsymboliken oder Schreibrichtungen der Zielsprache anzupassen.

Drehbuchübersetzer:innen

Berufsprofil Drehbuchübersetzer: „Life is like a box of chocolates …”

… man weiß nie, was man kriegt? Außer von Textprofis – denn wer die beauftragt, bekommt immer Qualität. Zum Beispiel erstklassige Drehbuchübersetzungen.

Damit Filme fesselnd, bewegend, komisch und vor allem authentisch wirken, müssen sie nicht nur korrekt übersetzt sein, sondern auch genau den richtigen Ton treffen. Und – sofern es sich um eine Übersetzungsarbeit für Synchronisationen handelt – auch noch silbenzahlgenau auf Lippenbewegungen abgestimmt sein. Im Idealfall vergisst die zuschauende Person dann, dass es sich um eine synchronisierte Fassung handelt. Falls sie sich aber doch für die Originalversion entscheidet, helfen Untertitel – die natürlich ebenfalls in die Zielsprache übertragen werden müssen. Untertitelungen werden beispielsweise für Spielfilme und Dokumentationen, aber auch für Interviews oder Opern übersetzt.

Dolmetscher:innen

Berufsprofil Dolmetscher: „May the force“ oder „May the fourth“?

Simultandolmetscher:innen arbeiten unter ähnlich hohem Druck wie Fluglotsen. In rasantem Tempo müssen sie hören, beobachten, auch Unausgesprochenes verstehen, vorausdenken, übersetzen und sprechen zugleich. Und das ohne Zeit für Rückfragen oder Zweifel.

Und am besten auch ohne Fehler, denn die könnten – beispielsweise bei politischen Konferenzen – zu diplomatischen Krisen führen. Oder, wie bei der Pressekonferenz des Star-Wars-Regisseurs George Lucas, zu unfreiwilliger Komik: Weil der Dolmetscher das berühmte Filmzitat „May the force be with you“ offensichtlich nicht kannte, übersetzte er mit „Am vierten Mai sind wir bei euch“ …

Für Dolmetschende ist eben jeder Auftrag wie eine Prüfung – und dabei gibt es keine Joker! Mündliche Übersetzer:innen braucht man nicht nur in Politik und Medien, sondern vor allem auch in Behörden, Organisationen und der Wirtschaft.

Üblicherweise haben sie eine spezielle Ausbildung an einer Fachakademie, Fachschule oder Hochschule absolviert und verfügen zudem über eine exzellente Allgemeinbildung. Ein zweisprachiger Hintergrund ist von Vorteil, aber noch längst kein Ersatz für Sprachbegabung und Sprechtalent, aber auch Belastbarkeit und Fingerspitzengefühl.

Über die Autorin


Heike Abidi

Textine und Schriftstellerin Heike Abidi schreibt Geschichten, Romane, unterhaltende Sachbücher, Kinder- und Jugendbücher mit Humor, Charme und viel Gefühl. Für uns hat sie Wissenswertes über Textberufe aufgeschrieben. (Foto von Gaby Gerster)

1 Kommentar

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Hildegard Fatahtouii

06.01.2022 um 11:51 Uhr

Heike Abidi hat das Berufsbild der ÜbersetzerInnen und DolmetscherInnen hervorragend beschrieben. Ein Dankeschön dafür.
Und wer weiß, vielleicht führt diese Beschreibung sogar dazu, dass der Unterschied zwischen Dolmetschen und Übersetzen klarer wird.

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