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NaNoWriMo— Ein Marathon in Sprints

Sabine Schäfers: Das Feld ist gestartet!

Der National November Writing Month ist seit sechs Tagen in vollem Gange. Falls Du noch nie davon gehört hast, hier vorweg einmal die wichtigsten Stichworte:

  • Es geht jedes Jahr um Mitternacht zum 1. November los.
  • Autoren aus der ganzen Welt nehmen teil in allen möglichen Sprachen.
  • Ziel ist es, 50.000 Wörter in 30 Tagen schreiben.
  • Als Puristin beginnst mit einem leeren Blatt und schreibst einen Roman. Oder sei ein Rebell und fange an mit einem fertigen Plot, schreib Gedichte oder Tagebucheinträge oder was immer du willst.
  • Knüpfe Kontakt zu Hunderttausenden von Gleichgesinnten in den Foren und Online-Schreibgruppen, sogar bei Offline-Treffen (sofern Corona es zulässt).
  • Feuere deine Wrimo-Buddys an und lass dir bei diesem gewaltigen Schreibabenteuer vom Teamgeist über Durststrecken hinweghelfen.
  • Bringe einen ganzen verdammten Roman in 30 Tagen zustande, bis zum 30. November um Mitternacht.
  • Party!

Hase oder Igel?

In den letzten zehn Jahren habe ich oft am NaNoWriMo teilgenommen und verschiedentlich über die Vorteile und den Spaß am gemeinsamen Schaffen gebloggt und darüber, wie ein NaNoWriMo-Projekt sogar in schwierigen Zeiten das eigene Wohlbefinden steigern kann.

Der NaNoWriMo ist für jeden anders. In den Foren gibt es Leute, die durch den November brettern und täglich 10.000 Wörter und mehr schreiben. Es gibt Gruppen, die sich ein- oder zweimal täglich treffen, um in kurzen Spurts von 20 Minuten zu schreiben und ihre Projekte langsam, aber stetig auszubauen. Dann gibt es Leute, die an ihren Wochenenden 48 Stunden schreiben, um die in der Schule oder bei der Arbeit verlorene Zeit wieder aufzuholen. Und es findet sich alles, was irgendwo dazwischen liegt.

Der Anfang eines neuen Projekts ist immer aufregend. Die ersten Szenen springen einem förmlich aus dem Kopf, und alles läuft wie geschmiert. Aber 1.667 Wörter pro Tag zu schreiben, ist keine Kleinigkeit. Nach ein paar Tagen kann einem der nächste Tag schon Angst machen. Schaffe ich das noch einmal? Finde ich die nötigen Wörter? Vor allem bei einem anstrengenden Alltag kann es passieren, dass man sich ausgelaugt fühlt und sich nicht vorstellen kann, weiterzumachen, nicht einmal für eine einzige Zeile ...

Und doch ist es ein tolles Gefühl zu beobachten, wie das eigene Projekt so schnell zu einem vollwertigen Manuskript heranwächst! Und man fängt an, mit sich selbst zu feilschen. Willst du nicht den Mut aufbringen, noch ein bisschen weiterzumachen? Noch ein Absatz? Noch eine Seite? Das ist vielleicht der perfekte Zeitpunkt, um sich in den Foren anzumelden und in den ermutigenden Beiträgen anderer Wrimos zu baden, die das auch schon erlebt haben. Du bist nicht allein. Auch wenn alle an ihren eigenen Projekten schreiben, ist der NaNoWriMo kein Einzelsport - es ist ein Mannschaftsspiel!

50.000 Wörter in 30 Tagen sind das Ziel, und es ist eigentlich egal, wie du es erreichst. Das Einzige, was zählt, ist, eine Menge Spaß dabei zu haben. Vielleicht probierst du es in der ersten Woche auf die eine und in der nächsten Woche auf die andere Weise, um herauszufinden, was am besten zu deiner Persönlichkeit und deinem Tagesablauf passt. Und wenn das immer noch nicht reicht? Sei nicht zu streng mit dir. Wichtig ist, dass du es versucht hast, und beim nächsten Mal klappt es eben besser! Jedes Jahr finden im April und Juli NaNo-Camps statt, und das ganze Jahr über gibt es weitere Gelegenheiten zum Vorbereiten oder Überarbeiten.

Der 50.000-Wörter-Marathon

Die Teilnehmer nutzen NaNoWriMo für alle Arten des Schreibens, aber ursprünglich wurde es ins Leben gerufen, um Romanautoren durch Kameradschaft zu helfen - um Schreibblockaden zu überwinden, und das Ding endlich auf die Reihe zu kriegen. Einen ganzen Roman zu schreiben ist eine Herausforderung, die mit keiner anderen Kunstform vergleichbar ist. Für Romanautoren sind Erfolgserlebnisse hart erkämpft.

Traditionsgemäß beugen sich Schriftsteller in aller Abgeschiedenheit über ihr Werk und meißeln Tag für Tag an diesem riesigen Marmorblock herum ... Monatelang, oft sogar jahrelang, ohne dass jemand anderes es je liest.

Am Anfang erscheint dir dieses glänzende neue Plot-Baby wie eine Fundgrube, und du schreibst die ersten Kapitel, die ersten 50 Seiten in Windeseile. Es ist anstrengend, aber es erfüllt dich mit Zufriedenheit. Eines Tages schaust du auf, nachdem du ein paar Stunden intensiv gearbeitet hast - müde, aber glücklich - und stellst fest, dass du noch 250 Seiten vor dir hast! Und dabei sind diverse Überarbeitungsrunden noch gar nicht mitgerechnet. In diesem Moment trifft dich die Realität mit voller Wucht: Wenn du so weitermachst, dauert es noch ewig. Und niemand wird dir jemals dafür Anerkennung zollen.

Ab jetzt wird es immer schwieriger, dich vor deine angefangene Arbeit zu setzen und den Faden wieder aufzugreifen. Du fängst an, Ausreden zu erfinden, um einen oder zwei Tage, eine Woche oder einen Monat zu schwänzen. Irgendwann starrst du auf das Datum, an dem du mit dem Projekt begonnen hast, und stellst fest, das war vor drei Jahren, als die Kinder in den Kindergarten kamen. Inzwischen ist der Glanz längst verblasst, und du fängst an, deine Protagonisten und die ganze Storyidee zu hassen. Und zeitgenössische Frauenromane sind sowieso nicht mehr dein Ding! Wie wäre es stattdessen mit einem aufregenden neuen Steam-Punk-Abenteuer? Was für eine grandiose Idee!

Nur machst du dir natürlich etwas vor.

Am Ende landest du nur wieder in der gleichen Patsche, und das weißt du auch. Was also ist der bessere Weg? Richtig geraten! Statt in Monaten und Jahren, warum nicht in ein paar Wochen einen ersten Entwurf fertigstellen? In 30 Tagen, um genau zu sein. Denn eine Geschichte, die man zu Papier gebracht hat, kann später überarbeitet werden. Aber wenn man erst gar nicht anfängt, sie zu schreiben, tja ...

Kampf oder Flucht?

Kurz gesagt, aus diesem Grund nehme ich auch dieses Jahr wieder am NaNoWriMo teil. Mein Roman soll nicht im Sande verlaufen, und ich habe auf die harte Tour gelernt, ihn lieber in einem einzigen mörderischen Monat aus dem Kopf zu kriegen als über eine endlose Ewigkeit.

Außerdem habe ich gelernt, dass kurze Spurts von 20-Minuten-Sitzungen nichts für mich sind. Am besten komme ich voran, wenn ich mich abends gegen acht Uhr hinsetze und auf die Tastatur einhacke, bevor die Uhr Mitternacht schlägt. Dazu etwas epische Fantasy-Instrumentalmusik - und los gehts! Ich muss mich ranhalten. Keine Zeit für Unentschlossenheit oder Korrekturen. Die Wörter müssen aufs Papier, sofort, sonst zählt es nicht mehr für den heutigen Tag.

Besser noch, es bleibt keine Zeit, mich zu hinterfragen oder Ideen zu analysieren. Mein Unterbewusstsein - nenn es Muse, wenn du magst - übernimmt die Kontrolle und führt mich auf jene geheimnisvollen Pfade, die der nüchterne Verstand übersehen würde. So kommt die Magie zustande! Und so kommst du in 30 Tagen zu einem Manuskript von 50.000 Seiten, das es wert ist, zu einem fertigen Roman überarbeitet zu werden.

Wäre das nichts für dich? Trau dich und melde dich gleich an!

Auf den NaNoWriMo!

Über die Autorin


Sabine Schäfers

Volljuristin, Indieautorin und Bloggerin

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